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Tiefgehende, regenschwere Wolken verhüllten vom West her den Ort. So
unvermutet wie sie kamen, gaben sie, als zöge der Himmel einen Vorhang
beiseite, die Ferne wieder frei. Wattebauschen gleich hingen über den
Wäldern neblige Fladen. Hoch an der Weite des Himmels der graue Grund des
Wolkenfeldes. Im Westen war es aufgebrochen: quellklar das Licht der
späten Stunde, davon im Ost die Wolken wie von Gold aufleuchten. Aus ihnen
fallen in rosafarbenen Bögen Schlieren von Regen, mündet die
siebenstrahlige Brücke gebrochener Helle und greift bis tief in der
Wälder naßdunklen Grund.
Oben vom Wald her kommen die Eichelhäher, zu zweit, zu dritt, fliegen am
Abend in die weitausgreifenden Buchen, erst der eine, der andere ihm nach, so
daß der erste kreischend forteilt über die Schneise zu den
nächsten Bäumen, von dort hinunter ins Tal.
Wieder und wieder folgen sie vom Wald her, picken kurz nach den rauhschaligen
Eckern, gurren zärtlich wie Tauben, fliegen über die Schneise zu den
nächsten Buchen, von dort den Hang hinab, die Schar verwegener Gesellen.
Wissen sie dort unten einen Baum mit reifen Zwetschgen? Oder suchen sie die
Wärme des Tales? Oder sind sie, die Buntfiedrigen, voll übermut und
erproben die mögliche Weite des Landes?
[...]
Ein schwarzflügeliger Schmetterling eilt vorüber, kehrt zurück
und gaukelt um mich herum.
- Bist du ein Zeichen? frage ich.
- Nur meiner selbst, antwortet er und flattert davon.
[...]
- Hey, da bist du ja.
- Hast du auf mich gewartet?
- Einen Mond lang zum Frühstück, zum Mittag und zum Abendbrot. Ich
wartete auf das wundersame Leuchten deiner Brust.
- Schön, nicht?
- Nur die Bläue des Himmels kann sich mit dem Rot deines Gefieders messen.
Oft sah ich dich auf dem schrägen Stamm der Kiefer.
- Mein Lieblingsplatz. Der Garten ist mir das Revier.
- Wie hübsch du zuweilen aufgeflattert bist. Wie ein Federbällchen
hüpftest du über den Weg. Ich werde dich vermissen.
- Gehst du denn?
- Ja, nach Norden.
- Ich bald nach dem Süden.
[...]